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Wie einst Hannibal- nur ohne Elefanten

20 Zehntkläßler der IGH überquerten den Col du Clapier - Eindrucksvolle Naturerlebnisse

Die Idee war bereits zehn Jahre alt. Schon zu seiner Referendarzeit hatte sich Michael Stimpel, jetzt Lateinlehrer an der Internationalen Gesamtschule, vorgenommen: irgendwann einmal möchte ich mit Schülern auf den Spuren des karthagischen Feldherrn Hannibal über die Alpen ziehen. Wobei historisch gesehen nicht klar ist, wo genau diese Spuren eigentlich zu suchen sind. Ist in den Quellen bei Polybios und Livius nun der Große oder der Kleine Sankt Bernhard gemeint? Da Hannibal den Archäologen keine Spuren hinterlassen hat, als er vor anno 218 v. Chr. mit 38 000 Soldaten, 8000 Reitern und 38 Elefanten nach Italien zog, mußte Michael Stimpel erst einmal zwei Wochen in den Sommerferien vor Ort recherchieren, um für seine Schüler eine gangbare Route zu finden.

Die "Wahl" von Lateinlehrer Stimpel fiel schließlich auf eine alpin interessante und landschaftlich reizvolle Tour über den 2450 Meter hohen Col du Clapier, die von der französischen Haute-Vanoise nach Susa in Italien führt.

Als die 20 Schüler der zehnten Klassen der IGH am 25. September morgens um 3.19 Uhr am Heidelberger Hauptbahnhof in den Zug stiegen, um zu ihrem alternativen Landschulheimaufenthalt aufzubrechen, war höchst ungewiß, was ihnen die nächsten fünf Tage bringen würden. Sicher war nur eins: "Nihil nos impediet - Nichts wird uns stoppen", wie auch auf den lustigen T-Shirts mit dem Elefantenmotiv zu lesen stand, die die Schüler hatten drucken lassen.

Lateinlehrer Stimpel gingen beim Betrachten seines Trüppchens denn doch etwas bängliche Gedanken durch den Kopf: In Bramans auf 1300 Meter Höhe angelangt, lagen vor den Schülern etwa 60 Kilometer Bergpfade und 3500 Höhenmeter im Aufstieg. Das alles mit Rucksäcken, die zwischen 14 und 20 Kilogramm wogen. "Warum machen die das?" überlegte Michael Stimpel. Sie, die gewohnt sind, sich alles aus dem Weg zu räu men. Alles nur wegen Hannibal?

Am ersten Tag von Bramans über Le Planay nach Ambin auf 2200 Meter Höhe gelangt, verweilte die Gruppe einen Tag am Ambinsee, wo ganz Mutige ins Eiswasser sprangen; für alle war es ein Tag der Entspannung und Erholung. Der folgende Mittwoch wird wohl allen Teilnehmern im Gedächtnis bleiben: Beim Aufstieg auf die Paß höhe des Col du Clapier pfiff ein eisiger Wind, so daß Michael Stimpel darauf verzichtete, wie geplant die Ansprache Hannibals an seine erschöpften Soldaten aus dem Livius vorzulesen

Erschöpft waren die Schüler teilweise schon jetzt,dabei lag das anstrengendste Stück Weg noch vor ihnen, nämlich die 500 Höhenmeter hinauf zur Wasserscheide des Passo Trinceramenti. Endlich ist die Hütte in Sicht. Nur leider: verschlossen! Trotz genauer Absprache mit den "gestori" ist nur ein einziger kleiner Raum offen, in dem 16 Schü ler auf etwa neun Quadratmetern die Nacht verbringen; die anderen mit Schlafsäcken organisieren sich in einem eingestürtzen Nebengebäude selbst. Lateinlehrer Stimpel wundert sich nicht zum ersten Mal auf dieser Tour: Die Schüler stecken diese ungewohnte und. völlig unerwartete Situation ziemlich beiläufig weg. Von Verdruß ist nichts zu spüren.

Dennoch muß umdisponiert werden: statt des vorgesehenen zweiten Tags auf dem Clapierpaß geht es jetzt hinab nach Susa, denn eine zweite Nacht unter diesen Umständen will der Pädagoge den jungen Bergenthusiasten nicht zumuten. Während des 18 Kilometer langen Abstiegs über 2200 Höhenmeter erleben die Schüler wieder die verschiedenen Phasen einer Bergtour: Anstrengung, Lustlosigkeit, Klagen; trotzdem weitergehen, schließlich Erstaunen und Stolz über die eigene Leistung.

Mit Asti Spumante stoßen Schüler und Lehrer, zum ersten Mal seit einer Woche frisch geduscht, im Hotel in Susa auf die erfolgreiche Tour an. Der vorzeitige Abstieg schenkte der Gruppe einen vollen Tag im sonnigen Turin, dann geht es per Zug zurück nach Heidelberg. Zu Hause will jeder wissen, wie es war. Michael Stimpel und seinen Schüler fällt die Antwort nicht leicht. Wie in Worte kleiden, was sie gemeinsam sechs Tage lang erlebt haben? Alles nur wegen Hannibal? Ja, vielleicht, aber es hat sich gelohnt...

sal

Landschulheimaufenthalt, einmal anders: Auf Hannibais Spuren überquerten zwanzig Schü ler einer zehnten Klasse der IGH mit ihrem Lateinlehrer den Col du Clapier. Trotz Strapazen und schwerer Rucksäcke war diese Tour für alle ein erlebnisreiches Unternehmen mit vielen neuen Eindrücken. Foto: Stimpel



Alexander Schulz
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Last modified: Thu Sep 6 13:51:39 2001